Zurück

Betriebsübernahme in der Krise

veröffentlicht am 21.05.2025 von Dr. Thomas Reischauer, MBA

Risiken erkennen, Chancen nutzen

In Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit suchen viele Unternehmer nach Stabilität – und übersehen dabei die Möglichkeiten, die sich genau in solchen Phasen bieten. Der Kauf eines Unternehmens in der Krise mag auf den ersten Blick nach hohem Risiko klingen, doch für strategisch denkende Investoren kann genau das zur idealen Ausgangslage werden. Denn in der Krise zeigen sich nicht nur Schwächen, sondern auch Chancen – Potenziale, die mit klarem Blick, gutem Timing und mutigen Entscheidungen genutzt werden können.

Viele Unternehmen geraten nicht plötzlich, sondern schleichend in eine Schieflage. Erst ist es die fehlende Innovationskraft, dann sinken die Margen, schließlich droht ein Liquiditätsengpass. Wer früh erkennt, in welcher Phase sich das Zielunternehmen befindet, kann entsprechend handeln – sei es zur Abwendung einer Insolvenz oder zur gezielten Übernahme attraktiver Teilbereiche. Es geht nicht darum, Risiken zu romantisieren. Vielmehr geht es darum, sie zu identifizieren, zu bewerten und gezielt in Chancen zu verwandeln.

Mehr als ein günstiger Kaufpreis – strategische Vorteile erkennen

Was viele unterschätzen: Ein Unternehmen in der Krise bringt nicht nur Probleme mit sich, sondern oft auch wertvolle Ressourcen – Know-how, bestehende Kundenbeziehungen, funktionierende Prozesse. Diese müssen nicht erst mühsam aufgebaut, sondern lediglich neu geordnet werden. Gerade in hart umkämpften Märkten kann der Erwerb eines Mitbewerbers in der Krise zu einem echten Gamechanger werden: Synergien heben, Marktanteile sichern, neue Kompetenzen integrieren – schneller als es auf organischem Weg möglich wäre.

Auch der Kaufpreis selbst spiegelt in vielen Fällen den Krisenzustand wider. Unternehmen, die noch vor wenigen Jahren auf einem ganz anderen Bewertungsniveau lagen, können plötzlich unterhalb ihres Substanzwerts zu haben sein. Doch Preis allein sollte nie das Hauptargument sein – entscheidend ist, was sich nach der Übernahme daraus entwickeln lässt. Wer nur billig kauft, ohne einen Plan zur nachhaltigen Entwicklung, wird in der Regel weder wirtschaftlich noch strategisch erfolgreich sein.

Zwischen Sanierungsfall und Neustart – der richtige Transaktionsweg

Eine der zentralen Fragen im Übernahmeprozess betrifft die Struktur: Übernimmt man das ganze Unternehmen (Share Deal) oder nur ausgewählte Vermögenswerte (Asset Deal)? In der Krise kann die zweite Variante klare Vorteile bringen. Sie erlaubt, sich gezielt auf profitable Geschäftsbereiche zu konzentrieren und belastende Altlasten außen vor zu lassen. Gleichzeitig sind jedoch arbeitsrechtliche Verpflichtungen zu beachten – insbesondere im Hinblick auf Belegschaftsübernahmen nach dem AVRAG.

Gerade in komplexen Fällen braucht es daher eine sorgfältige rechtliche und wirtschaftliche Analyse. Welche Verträge bleiben gültig? Welche Risiken schlummern in der Bilanz? Und wie realistisch sind die Prognosen für eine künftige Sanierung? Klassische Bewertungsmethoden wie der DCF stoßen hier an ihre Grenzen. Stattdessen sind Substanz- und Liquidationswerte oft die relevanteren Anhaltspunkte – ergänzt durch ein fundiertes Verständnis für Sanierungspotenziale.

Der echte Kraftakt beginnt nach dem Notariatsakt

Was viele unterschätzen: Der Kaufvertrag ist nicht das Ende, sondern der Anfang. Die eigentliche Herausforderung liegt in der Phase nach der Übernahme – dort, wo Vertrauen aufgebaut, Strukturen neu geordnet und Mitarbeiter wieder mobilisiert werden müssen. Gerade in krisengeschüttelten Unternehmen herrschen Unsicherheit und Zurückhaltung. Nur durch transparente Kommunikation, klare Ziele und operative Konsequenz kann neues Vertrauen entstehen.

Ein strukturierter Integrationsplan ist dabei unerlässlich. Wer genau weiß, was in den ersten 100 Tagen zu tun ist – von der Bestandsaufnahme über schnelle operative Maßnahmen bis zur mittelfristigen Neupositionierung – erhöht seine Erfolgschancen dramatisch. Es ist wie bei einer Operation am offenen Herzen: Der Eingriff muss präzise, mutig und professionell erfolgen – aber immer mit Blick auf das langfristige Überleben des Ganzen.

Fazit: Wer antizyklisch denkt, kann Zukunft gestalten

Ein strukturierter Integrationsplan ist dabei unerlässlich. Wer genau weiß, was in den ersten 100 Tagen zu tun ist – von der Bestandsaufnahme über schnelle operative Maßnahmen bis zur mittelfristigen Neupositionierung – erhöht seine Erfolgschancen dramatisch. Es ist wie bei einer Operation am offenen Herzen: Der Eingriff muss präzise, mutig und professionell erfolgen – aber immer mit Blick auf das langfristige Überleben des Ganzen.

Weitere interessante Wissensbeiträge