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Betriebsnachfolge: Achtung Haftungsfallen!

veröffentlicht am 12.02.2024 von Dr. Thomas Reischauer, MBA

Vorsicht, Haftungsfalle!

Ein:e Betriebsnachfolger:in haftet grundsätzlich für die bestehenden Verbindlichkeiten des übernommenen Unternehmens, einschließlich Vertragsverpflichtungen und Schulden. Diese Haftung erstreckt sich auf alle unternehmensbezogenen Rechtsverhältnisse, die zum Zeitpunkt der Übernahme vorhanden sind, sofern diese nicht höchstpersönlicher Natur sind. Die spezifischen Haftungsbedingungen können jedoch durch vertragliche Vereinbarungen oder gesetzliche Regelungen modifiziert werden.

Allgemeine Haftungsbestimmungen

  • Übergang der Rechtsverhältnisse / Haftung nach UGB (Unternehmensgesetzbuch): Im Detail bedeutet dies, dass sämtliche mit dem Unternehmen verbundene rechtliche Beziehungen, darunter Verträge, Forderungen und Verbindlichkeiten, automatisch auf die:n neue:n Inhaber:in übergehen. Dies umfasst auch spezifische Vertragstypen wie Abnahme-, Liefer-, Kredit- und Wartungsverträge, die für die Geschäftstätigkeit des Unternehmens wesentlich sind. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass diese Regelung nur gilt, wenn das Unternehmen in seiner Gesamtheit oder zumindest seine Hauptbestandteile übertragen werden, um eine Fortführung des Geschäftsbetriebs zu ermöglichen. Eine Übertragung zu Liquidationszwecken oder der Erwerb lediglich kleiner Unternehmensfragmente, die keine eigenständige Geschäftstätigkeit ermöglichen, fallen nicht unter diese Regelung.
  • Haftung für Altverbindlichkeiten: Die Erwerber:in muss sich der Tatsache bewusst sein, dass mit der Übernahme des Unternehmens auch eine Verantwortung für bestehende Verbindlichkeiten, sogenannte „Altverbindlichkeiten“, einhergeht. Diese Haftung besteht unabhängig davon, ob die Erwerber:in von den Verbindlichkeiten Kenntnis hatte. Die Rechtsprechung sieht vor, dass die Erwerber:in auch für Verbindlichkeiten haftet, die ihr:ihm zum Zeitpunkt des Unternehmenserwerbs nicht bekannt waren oder die sie:er bei angemessener Sorgfalt hätte erkennen müssen. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass die Erwerber:in eine gründliche Due-Diligence-Prüfung durchführt, um mögliche Risiken und Verbindlichkeiten zu identifizieren.

Besondere Haftungsbestimmungen

  • Haftung für Abgaben: Die Erwerber:in haftet neben dem Veräußerer für alle betriebsbezogenen Abgaben, die seit Beginn des letzten Kalenderjahres vor der Übernahme fällig waren. Dies umfasst eine Vielzahl von Abgaben wie Lohnsteuer, Umsatzsteuer, Energieabgaben, Kommunalsteuer und weitere. Die Haftung ist auf den Wert der übernommenen Aktiva begrenzt, wobei Schulden nicht abgezogen werden. Es ist entscheidend, dass die Erwerber:in die Höhe der potenziellen Abgabenschulden prüft und gegebenenfalls einen Rückstandsausweis beim Finanzamt anfordert, um das Haftungsrisiko einzuschätzen.
  • Haftung für Sozialversicherungsbeiträge: Eine besondere Aufmerksamkeit erfordert die Haftung für Sozialversicherungsbeiträge, die sich auf die Zeit von höchstens 12 Monaten vor der Betriebsübergabe beschränkt. Die Erwerber:in sollte sich darüber im Klaren sein, dass sie:er für alle ausstehenden Sozialversicherungsbeiträge haftet, die im Rahmen der Geschäftstätigkeit des Unternehmens angefallen sind. Diese Haftung umfasst sowohl Arbeitgeber- als auch Arbeitnehmeranteile und setzt voraus, dass der Betrieb als lebendiges oder zumindest lebensfähiges Unternehmen übergeben wird.
  • Haftung bei Erwerb von Gesellschaftsanteilen: Der Erwerb von Gesellschaftsanteilen bringt spezifische Haftungsrisiken mit sich, insbesondere bei Personengesellschaften, wo die eintretende Gesellschafter:in bzw. Komplementär:in unbeschränkt für bereits bestehende Schulden des Unternehmens haftet. Bei Kommanditgesellschaften entsteht eine Haftung für die Erwerber:in, wenn die vereinbarte Einlage noch nicht vollständig erbracht wurde. Bei GmbHs übernimmt die Erwerber:in die Haftung bis zur Höhe der übernommenen, noch nicht voll eingezahlten Stammeinlage.

Besondere Haftungsbestimmungen

  • Möglichkeiten zum Haftungsausschluss: Es ist möglich, die Haftung durch spezifische Vereinbarungen mit dem Veräußerer auszuschließen oder zu mindern. Solche Vereinbarungen müssen jedoch Dritten gegenüber wirksam gemacht werden, was durch Eintragungen im Firmenbuch, öffentliche Bekanntmachungen oder direkte Mitteilungen an betroffene Parteien erreicht werden kann. Diese Maßnahmen dienen dazu, die Transparenz zu erhöhen und sicherzustellen, dass alle Beteiligten über die Änderungen im Klaren sind.

Es bleibt jedoch wichtig, dass individuelle Fälle und spezifische rechtliche Fragestellungen mit einem Anwalt oder einer auf Unternehmensnachfolge spezialisierten Berater:in besprochen werden, um maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln.

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