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Wann und Wie wird ein Unternehmen bewertet?

Das Wann ist relativ einfach zu lösen: Bei einer Betriebsübergabe, im Verlassenschaftsverfahren oder bei einem Betriebsverkauf oder -kauf ist es oftmals erforderlich, den objektiven Verkehrswert eines Unternehmens durch einen Sachverständigen ermitteln zu lassen. Und das ist bei weitem komplizierter, als beispielsweise eine Immobilie zu bewerten, da ja hinter einem Betrieb viel mehr steckt.

Und da stellt sich schon die nächste Frage, was macht denn überhaupt den Wert eines Unternehmens aus?

Die Grundvoraussetzung, um überhaupt ein werthaltiges Unternehmen verkaufen zu können ist, dass die Unternehmens-Kennzahlen, wie das EBIT (Betriebsergebnis), der Gewinn vor oder nach Steuern bzw. der Cashflow, einfach passen. Sie liefern die erste Information zur Amortisationsfähigkeit (= Rückzahlungsfähigkeit) des Kaufpreises. Danach schaut man sich als Kaufinteressent das Unternehmen näher an. Positive Faktoren können dabei u.a. sein:

  • Ein gut eingespieltes und funktionsfähiges Team, mit vielen Leistungsträgern, die sich ständig weitere qualifizieren und Verantwortung tragen
  • Ein erprobtes und funktionierendes Geschäftsmodell, eine innovative Geschäftsidee, die ständig weiterentwickelt wird, eine entsprechende Tragfähigkeit aufweist sowie eine damit verbundene klare Strategie, die für alle wichtigen Akteure im Unternehmen verständlich ist und gelebt wird
  • Ein effizientes und effektives Abwicklungssystem mit einer funktionierenden Infrastruktur (Organisation, Prozesse, IT und Marketing), eine vorausschauende, mehrjährige Erfolgs- und Investitionsplanung sowie ein solides und belastbares Controlling
  • Hohe wiederkehrende Umsätze (in Form von „Abonnements“) oder langfristige Wartungs- und Serviceverträge, treue Wiederkäufer, ein hohes Stammkundenpotenzial, eine gut gepflegte Kundendatenbank stellen einen nicht zu unterschätzenden Faktor und Wert eines Unternehmens dar.
  • Produktions-, Lager-, Verkaufs-, Büroräume und weitere Betriebsmittel, die IT (Hard- und Software), sollten am Stand der Technik und der Branche gehalten sein, es darf also keine Investitions-Lücken geben oder Betriebsmittel, die total veraltet sind und kostspielige Produktions- oder Dienstleistungsprozesse und später hohe Ersatzinvestitionskosten verursachen.

Eine gute Struktur und Dokumentation führen zu Vertrauen. Umso transparenter und attraktiver ein Unternehmen dargestellt werden kann, umso geringer erscheinen die Risiken für einen Käufer und umso höher fällt der Unternehmenswert aus.

In der Praxis der Unternehmensbewertung haben sich in den letzten Jahren, auch in Abhängigkeit zur Unternehmensgröße, verschiedene Bewertungsverfahren durchgesetzt, die jahrzehntelange Bewertungsmethoden abgelöst haben.

Ganz früher war der Substanzwert, also der Sachwert aller Betriebsmittel (Anlage- und Umlaufvermögen), die Grundlage einer Verkehrswertermittlung. Dieses Verfahren kommt schon lange nicht mehr zur Anwendung. Eine Ausnahme gibt es aber. Dann, wenn die zukunftsorientierten, an Erträgen orientierten, Unternehmensbewertungsmethoden aufgrund der eher schlechten wirtschaftlichen Situation eines Unternehmens zu keinem positiven Wert führen können, wendet man das Substanzwertverfahren zu Liquidationswerten an, d. h. es wird ermittelt, was die ordnungsgemäße Liquidierung eines Unternehmens kosten würde. Vom aktuellen Verkehrswert der Betriebsmittel werden dann noch die Liquidationskosten, die Kosten für die Beendigung von Dienstverhältnissen, Steuern und dergleichen abgezogen. Das ergibt dann den Liquidationswert, der die unterste Grenze eines Unternehmenswertes darstellt.

Stand der Bewertungstechnik sind aber die zukunftsorientierten Ertragswertermittlungsverfahren (Ertragswert- und Discounted-Cash-Flow-Methode). Diese finden heute in der Praxis verbreitet Anwendung und beruhen auf der gleichen konzeptionellen Grundlage, indem sie den Unternehmenswert als Barwert künftiger finanzieller Überschüsse ermitteln.

Die Ausgangsbasis des Ertragswertverfahrens sind die zukünftigen (3-5 Jahre) Betriebsergebnisse des Unternehmens, und die den Unternehmenseignern zufließenden finanziellen Zuschüsse. Der Kapitalisierungszinssatz leitet sich aus der betriebsindividuellen Situation des Unternehmens bzw. den Renditevorgaben ab und mit diesem werden die erwarteten Gewinne verzinst. Das Resümee: Je geringer der Kapitalisierungszinssatz ausfällt, umso höher wird der Unternehmenswert sein und umgekehrt: Je höher der Kapitalisierungszinssatz als Ausdruck des höheren Risikos ist (aufgrund der Unternehmensstruktur, der Branchenentwicklung, …), umso niedriger wird der Unternehmenswert sein. Das Ertragswertverfahren ist zwar im gültigen Fachgutachten nicht mehr die empfohlene Bewertungsmethode, ihr wird aber in der Praxis von kleineren Unternehmen, da einfacher nachvollziehbar, der Vorzug gegeben. Zudem ist sie in älteren Gesellschaftsverträgen noch als die maßgebliche Bewertungsmethode verankert.

Das Discounted-Cash-Flow-Verfahren hat sich in den letzten Jahren immer mehr durchgesetzt. Bei diesem Verfahren werden meist 4-5 Planjahre als Grundlage herangezogen, die maßgebende Größe sind hier die Cashflows, wobei diese, vereinfacht gesagt, durch die erforderlichen Investitionen im Planungszeitraum reduziert werden. Auch hier ist ein Kapitalisierungszinssatz zu ermitteln, wobei sich dieser im Unterschied zum Ertragswertverfahren am Kapitalmarkt orientiert. Die sich ergebenden Cashflows sind um diesen Kapitalisierungszinssatz abzuzinsen. Bei diesem Verfahren wird das letzte Planjahr zusätzlich noch ewig verzinst. Die Konsequenz ist, dass beim Discounted-Cash-Flow-Verfahren, wenn ein Unternehmen gut aufgestellt ist, sehr hohe Werte herauskommen können. Das macht bei mittleren und größeren Unternehmen Sinn, bei kleineren sind diese Zahlen für Käufer und Verkäufer oftmals schwer nachzuvollziehen und es werden die so ermittelten Unternehmenswerte, wenn es um die Kaufpreisfindung geht, in der Praxis ganz einfach nicht bezahlt.

Für viele verständlicher, da praxisnah und marktorientiert, sind die von Klein- und Mittelbetrieben angewendeten Multiplikatormethoden. Der Wert eines Unternehmens wird von Kennzahlen (Umsatz, EBIT, EBITDA o.ä.) abgeleitet, die innerhalb einer Branche bei Käufen bzw. Übernahmen vergleichbarer Unternehmen bezahlt wurden. Voraussetzungen dafür sind aber: Es gibt ausreichend vergleichbare Unternehmen innerhalb einer Branche und die Transaktionsdaten dieser Vergleichsunternehmen sind für den mit der Unternehmensbewertung beauftragten Sachverständigen verfügbar. Die Bewertungsmethodik ist deshalb so einfach, da beispielsweise der letzte Jahresumsatz des zu verkaufen Unternehmens mit einem ermittelnden Branchen-Umsatzmultiplikator von, z.B. 0,6 oder 0,7 oder das vergangene Betriebsergebnis mit einem EBIT-Multiplikator von beispielsweise 5 bis 7 zu multiplizieren ist.  Zinstragende Verbindlichkeiten (Bankkredite, Gesellschafterdarlehen, Einlagen stiller Gesellschafter …) sind so vom ermittelten Wert abzuziehen. Barmittel, die nicht betriebsnotwendig sind, werden dazugerechnet. Und das ergibt dann den Unternehmenswert.

Die am Markt gängigen Bewertungsgrundlagen normieren auch, dass bei der Anwendung von Multiplikatormethoden, auf die jeweilige unternehmer- bzw. unternehmensspezifische Situation bezogen, Zu- und Abschläge vorzunehmen sind, wie beispielsweise:

  • Die Inhaberabhängigkeit im Wettbewerbsvergleich,
  • einzelne Kundenab- bzw. -unabhängigkeiten,
  • die Nutzbarkeit besonderer Alleinstellungs- und Differenzierungsmerkmale im Wettbewerb,
  • das Wachstumspotential im Vergleich zum Mitbewerb,
  • die Höhe des Marktanteils im relevanten Markt und
  • der aktuelle und künftige Investitions- und/oder Modernisierungsbedarf.

Weitere Spezifika der Eigentümersphäre sind ebenfalls zu berücksichtigen, wie z.B.

  • Die Beschäftigung von Familienmitgliedern zu nicht marktüblichen Konditionen (zu niedrige/zu hohe Gehälter),
  • pensionierte Familienmitglieder, die (teilweise) kostenlos im Unternehmen mitarbeiten bzw. mitgearbeitet haben,
  • der private Fuhrpark, der über das Unternehmen abgerechnet bzw. ein privater Pkw, der dem Unternehmen nicht weiterverrechnet wird,
  • (zu) hoher bzw. (zu) niedriger Mietzins, der an Eigentümer des Betriebsobjektes entrichtet wird und
  • ein unüblicher Geschäftsführer-Gehalt (zu hoch /zu niedrig).

Bei Betrachtung eines Einzelunternehmens bzw. einer Personengesellschaft muss die Arbeitsleistung und das Gehalt des tätigen Inhabers kostenmäßig (kalkulatorisch) in der Gewinn- und Verlustrechnung berücksichtigt, d.h. vom EBIT abgezogen, werden.

Natürlich gibt es noch weitere Bewertungsmethoden, es würde aber zu weit gehen, auf diese hier noch einzugehen. Es empfiehlt sich jedenfalls, bei Unternehmenskauf bzw. -verkauf oder bei der Betriebsübergabe im Familienkreis zur Wertermittlung einen Sachverständigen heranzuziehen. Er gibt Ihnen (Rechts-)Sicherheit in der Kaufpreisfindung und hilft, durch nachvollziehbare Gutachten von vornherein Streitigkeiten zu vermeiden.

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